Mit Kisch auf Tour
Cornelia Henze
AUERBACH – In Hamburg wird jährlich der „Egon-Erwin-Kisch“-Preis verliehen. Doch kaum einer der Hanseaten soll je von dem Namen „Kisch“ gehört haben. Kisch – wer war das? Schriftsteller? Rasender Reporter? Feuilletonist? Feinsinniger Humorist? Die Vogtländer, so scheint es, kennen und lieben Kisch – war doch die Nicolalkirche am Samstagabend gut gefüllt, als Christiane Hrasky (Klavier) und Schauspieler Hans-Christoph Michel zu ihrem literarisch-musikalischen Kisch-Pro-gramm „Groschen-Geschichten“ einluden. Ob man nun Kischs Reportagen auswendig vorzutragen vermag oder von dem großen Reportagenschreiber nur vom Hörensagen erfuhr: Frisch, lebendig und fesselnd vermochte das Duo Kischs Groschengeschichten rüberzubringen – die humoristischen, die nachdenklichen, die kritischen, die wundersamen. Vergnügen bereitet es dem Publikum, Literatur einmal nicht zu lesen, stattdessen zu Hören und sich ganz dem spannenden Monolog Michels hinzugeben. Da war von einem Theater in Aserbaidshän die Rede, und vom seltsamen Gehabe eines türkischen Bademeisters. Ganz drin in der Geschichte sind die Zuhörer, als Michel Kischs Erlebnisse aus dem „Heim für gefallene Mädchen“ vorträgt. Gelacht wird, als der jüdische Schnorrer Mendele Mändl den reichen Börsenrat Samek zum Betteln nötigt – eine von Kisch unter der Sammlung „Geschichten aus sieben Ghettos“ erschienene Episode. Nachdenklich wird es, mit Kischs fast philosophischer Abhandlung über das Berliner „6-Tage-Radrennen“ und das Publikum darf schmunzeln über Passagen, wie „Gott denkt, der Mensch lenkt“. Den musikalischen Part zu den Kisch-Texten steuerte Christiane Hrasky bei. Ausgesucht hat die Musikerin (Klavier/Orgel) kleine Stücke von Kurt Weill, Arvo Pärt oder John Cage sowie zeitgenössische Musiken von Rainer Hrasky, die jeweils von einer Kisch-Episode zur nächsten überleiteten. Für Christiane Hrasky übrigens wurde der Auftritt in Auerbach zum „Fast-Heimspiel“, war sie doch mehrere Jahre Trinitatis-Kantorin im benachbarten Reichenbach, ehe sie in Hamburg/ Altona eine Kantorenstelle annahm und seit kurzem mit Partner Hans-Christoph Michel auf Kisch-Tournee ist. Reichenbacher Freunde und Kollegen kamen daher zahlreich, um Christiane Hrasky während ihres ersten Kleinkunst-Bühnendebüts zu erleben -und ihr zu gratulieren. Die Fragen der Zuhörer nach Folgeprogrammen konnte das Duo hoffungsvoll beantworten: Dem ersten sollen weitere zwei Kisch-Abende nachkommen – sozusagen eine Kisch-Trilogie. Wiederkommen werde man sicher gern nach Auerbach, sei doch das Publikum im Osten Deutschlands besonders feinsinnig, aufmerksam und verstehe es, spontan und an den richtigen Stellen zu lachen, lobt Hans-Christoph Michel.